Where's your will to be strange, Raven?

Cameron, North Carolina. Die Heimatstadt des Jokers, die Heimatstadt der legendären Hardy Boyz. Hier fing vor ungefähr 25 Jahren alles an. Auf einem billigen Trampolin tranierten die Hardys damals, um große Wrestling Superstars zu werden. Sie hatten einen Traum... doch was aus dem jüngeren Hardy Bruder geworden ist, scheint eher wie ein Alptraum. Es ist spät in Cameron, kurz vor Mitternacht. Regentropfen prallen kontinuierlich auf den Bordstein um eine Einheit zu bilden, kalter Wind weht über die Kulisse und leichter Nebel hüllt sich um Gebäude und Laternen. Die Stadt wirkt wie leergefegt, keine Menschenseele ist zu sehen oder zu hören. Lediglich der Aufprall jener Regentropf schleicht sich in unser Gehör. Blickt man in die Fenster der nahsten Gebäude, fallen einem vereinzelt brennende Lichter auf. Befindet sich ein Großteil der Bewohner einfach nur Zuhause, um sich vor dem schlechten Wetter zu schützen oder sorgt ein anderer Faktor dafür, dass Cameron einer Geisterstadt ähnelt? Wie auf Kommando reicht plötzlich eine in lila Handschuhe gehüllte Hand ins Bild. Die Hand des Mannes, der unsere Frage wohl schon bald beantworten wird, die Hand des Jokers. Zuerst winkt sie uns zu, ehe sie eine Faust bildet. Daraufhin tritt auch der Joker in voller Pracht ins Bild. Erschreckend mitgenommen präsentiert sich dieser uns heute: jene Schminke ist noch extremer verlaufen, als gewohnt. Erstmals tritt das wahre Gesicht Hardys zum Vorschein. Sofort werden Erinnerungen wach. Die Zeit der Hardy Boyz, die Zeit des Charismatic Enigmas... doch all dies ist vorbei, ist Geschichte. Vor uns steht nicht mehr der Dare Devil oder das Extreme Enigma, vor uns steht der Joker; kaltblütig und rücksichtslos, mit nur einer Absicht: alles soll brennen! Als wäre dies das Stichwort gewesen, beginnt Hardy zu lächeln. Aber schon schnell wird aus dem recht harmlosen Lächeln ein beängstigendes Grinsen, welches über sein gesamtes Gesicht reicht.

“Hellos, boys and girls. Wisst Ihr, wer Ich bin? Hmm? Soll Ich euch auf die Sprünge helfen? Na gut... Ich bin der, der letzte Woche Vampiro und The Rock besiegt hat, um ins Finale eines lausigen Turniers zu ziehen. Naaa? Ist der... Groschen gefallen? Hehe...”

Ein paar Worte des Jokers bezüglich seines Matches letzte Woche waren vorprogrammiert. Ein großartiges Match, welches die drei Athleten da ablieferten, doch am Ende hatte Hardy die besseren... Karten. Ihm wurden kaum Chancen zugesprochen, am Ende aber war er dennoch der Gewinner. Es ist wohl seine Spezialität, am stärksten zu sein, wenn man es nicht von ihm erwarten würde. Ein unberechenbarer, krimineller Psychopath, der im Moment aber auf einer hohen Wolke schwebt. Diese Woche bekommt der Joker die erste Chance, sich Gold um die Hüften zu schnallen. Er tritt gegen Raven, dem amtierenden Hardcore Champion an und darf sich mal so richtig austoben. Kommt es nächste Woche zur ersten Niederlage des Jokers oder wird sich Hardy das Gold des Rabens sichern können?

“Es war wirklich ein... Kinderspiel. Ich hatte mir ja wirklich erhofft... dass Vampiro und The Rock für etwas Spaß sorgen, für etwas Unterhaltung... aber am Ende wurde Ich enttäuscht. Ich habe mich einfach... geirrt, habe zuviel von ihnen erwartet. AAAber... so schnell lass Ich mir das Spiel nicht verderben. Immerhin spielen wir nach meinen Regeln, nicht wahr?”

Jeff Hardy schmunzelt. Im Moment scheint es wirklich so, als hätte er alles im Griff. Aber wie lang wird das anhalten können?

“Man hielt mich für einen Aussenseiter, man glaubt, Ich wäre der Position, in der Ich mich befinde... nicht gewachsen... hehe... aber wisst Ihr was? Es geht nicht darum, zu gewinnen oder zu verlieren... es geht darum... Unterhaltung zu bieten. UUUnd Ich biete Unterhaltung der Extraklasse, ob groß ob klein, ob komisch oder ernst. Ich zaubere euch allen ein Lächeln aufs Gesicht... oder nicht?”

Hardy blickt mit einem fragenden Blick in die Kamera, zeigt dann mit seiner Hand erst hinter sich, dann vor sich. Worauf zeigt er? Hinter ihm befindet sich nichts, ebenso wie auch vor ihm. Die Stadt ist leer.

“Seht Ihr das? Die Straßen hinter und vor mir... sie sind leer. Dieser Ort wirkt wie ausgestorben aber eigentlich verstecken sich die Menschen bloß. Sie verstecken sich vor dem, was sie glaubten, kontrollieren zu können. Die Polizei... hehe... ist mit der Situation total überfordert. Die Menschen fürchten ihre eigene Spezies, fürchten meine Brüder und Schwestern, denen Ich die Freiheit geschenkt habe, als Ich ins Cameron Asylum eingebrochen bin. Hält sich dieses... *räuspert sich* "zivilisierte Pack" eigentlich für etwas besseres? Hmmm? Nein, sie sollen sich dem, was sie erschafft haben, gegenüberstellen. Schaut euch nur um, werft ein Blick auf das, was Ich lediglich mit einer Klinge und einigen Patronen angerichtet habe. Ein lebendiger Ort ähnelt nun einer Geisterstadt... und alles nur, weil sie Angst haben, im Dunkeln raus zu gehen... wie lächerlich.”

Hardy schüttelt verständnislos den Kopf und verschränkt dabei die Arme, während die Regentropfen weiterhin auf ihn prallen, nur um dann rasch an ihm herunter zu kullern. Anscheinend liegt es wirklich an Hardy, dass die Straßen Camerons so leer sind. Seine eigene Heimatstadt isoliert; all die Erinnerungen, all seine Freunde, seine Familie... sie alle leben hier und verstecken sich wohl ebenso wie jeder andere Bewohner in ihren Häusern. Verstecken sich vor den freigelassenen, durchgeknallten Gangstern, die von Hardy erst verdreht wurden, nur damit er diese später gefahrlos steuern kann. Die ehemaligen Insassen des Cameron Asylum tun alles, um sich einigermaßen lebendig zu fühlen, viel zu lang verweilten sie hinter verschlossenen Türen und nun gehorchen sie ihrem "Anführer", dem Joker... aber dieser zeigt keine Reue, kein Mitgefühl. Als hätte er alles abgestellt, als hätte er diese Gefühle weggeschlossen und den Schlüssel weggeworfen.

“Alles, was Ich getan habe, war das, was Ich am besten kann. Ich habe ihren "Plan" genommen, ihn gedreht und dabei etwas Verwirrung, Chaos und Missorganisation vorgestellt. Die Menschen haben ihren Verstand verloren... weil es eben nicht nach "Plan läuft". Sie dachten, sie wären sicher vor den ach so bösen Menschen, sie ruhten sich auf ihren Plänen aus und keiner zeigte auch nur ein Anzeichen von Panik. Warum auch? Es lief ja alles "nach Plan" und jetzt trauen sich diese erwachsenen Männer und Frauen nichtmal mehr auf die Straße. DAS, meine Freunde... DAS ist wahre Unterhaltung! Und-und-und... das Beste ist ja... hehe... wir haben gerade erst angefangen! HAHAHAHA!”

Der Joker bricht in nervtötendes Gelächter aus und hält sich die Hände an den Kopf. Er zieht dabei eine unbeschreibliche Fratze und scheint sichtlich stolz über das zu sein, was er erschaffen hat: Chaos.

“HAHAHA-UND WENN IHR GLAUBT, DASS ICH JETZT SCHON GENUG HABE, DANN HABT IHR-HAHAH-EUCH GESCHNITTEN!!”

Seine grässliche, unkontrollierte Lache schallt durch die leeren Straßen Camerons. Sofort gehen einige brennende Lichter in den Gebäuden aus; sie kennen diese Lache, sie wissen, wem sie gehört. Nach einigen Augenblicken scheint Hardy sich wieder beruhigt zu haben... so intensiv hat der Joker schon seit langer Zeit nichtmehr gelacht. Es war wohl sehr dringend.

“Aber widmen wir uns etwas anderem zu, widmen wir uns doch einem... hehe... Freak zu. Raven, sagt euch dieser Name etwas? Hm? Mir nicht... Ich habe gehört, er soll so ein beschissener Pseudomoralist sein, der es nicht auf die Reihe bekommt, etwas aus seiner jämmerlichen Hülle zu machen aber sonst... hmmm... ”

Hardy fässt sich mit einer Hand ans Kinn und überlegt. Unterschätzen sollte er Raven nicht, er ist nicht umsonst der Hardcore Champion. Aber warum sollte Jeff ein funktionierendes System ändern? Das wäre doch vollkommen... sinnlos.

“Wisst Ihr... Ich-Ich habe Probleme mit zwei Arten von Menschen. Einmal mit diesen normalen, so genannten... "zivilisierten" Leuten... und einmal mit diesen Menschen, die vorgeben, etwas besonderes zu sein. Die vorgeben, sich von dem Mob abzuheben. Raven gehört definitiv zu letzteren, wenn Ich mich richtig erinnere... hehe... Manchmal frage Ich mich doch einfach nur... Raven... wo ist dein Wille, komisch zu sein? Du wanderst durch die Welt und hast kein Ziel vor Augen. Du erzählst von dem, was Du durchgemacht hast und wie schlecht es dir mal ging... Raven, in dieser Welt bist Du dazu gezwungen, durch die Hölle zu gehen. Dir bleibt nichts anderes übrig, außer den Schmerz zuzulassen... dein größter Fehler aber ist, dass Du dich um jene kümmerst, die für deine Tragödien zuständig waren. Du kümmerst dich um diese Gesellschaft, obwohl sie dich zu dem gemacht hat, was Du heute bist; ein Niemand! Mach die Augen auf, kauf Dir etwas Dynamit, Schießpulver und Benzin und setze etwas in Brand. Es ist so einfach und sorgt für ein wirklich... befreiendes Gefühl, hehe... außerdem sind die Materialien ziemlich günstig! Ein Versuch ist's doch wert, hm? Dennoch hast Du mein tiefstes Mitgefühl, wirklich. Allerdings nicht, weil Du ja anscheinend durch die Hölle gegangen bist... hehe... nein, weil Du Dir anscheinend noch nicht im geringsten darüber im klaren bist, was Ich mit Dir diese Woche anstellen werde.”

Sofort verändert sich Hardys Gesichtsausdruck und damit auch seine Laune. Eben noch spöttisch und gut gelaunt, so wirkt er jetzt ernst und ziemlich angepisst. Er lässt die Arme hängen, ballt die Hände zur Faust, welches man durch knarrtschen des Leders hören kann.

“Rede von Schmerz, doch Du weißt nicht, wem Du diese Woche gegenüber stehen wirst. Ich bin mehr, als einfach nur ein Gegner. Diese Woche wirst Du deinen Meister kennenlernen und Ich werde Dich bestrafen. Bestrafen für all den Müll, den Du von Woche zu Woche... von Dir gibst. Deine lächerliche Fassade wird fallen, Raven und mit Ihr auch dein Wille. Dein Wille, jemand zu sein, der Du nicht bist. Ich erkenne Lügner, wenn Ich sie sehe... und Du, mein Junge... Du bist ein verdammt... großer...”

Hardy hält für einen kurzen Moment inne, blickt mit grimmiger Miene in die Kamera.

“AAABER... wir wollen ja nicht den Spaß an der Sache verlieren, stimmt's Rabe? Ich werde Dir zwar jede Feder einzelnt ausrupfen... allerdings gibt es diesmal eine kleine Belohnung für mich. Einen Hardcore Championship, würde dieser nicht gut zu meinem Outfit passen? Ich hätte schon ein paar Ideen, was Ich mit dem Gürtel anstellen würde... also werde Ich ihn mir einfach holen. Mach Dir keine Vorwürfe, Raven. Es ist nicht deine Schuld. Ich bin Dir einfach einen...

... Schritt vorraus.”

Und wieder macht sich ein Grinsen in Hardys Fratze breit. Er wiegt sich in Sicherheit, ist zuversichtlich. Momentan hat er da aber auch jeden Grund zu; für den Joker könnte es nicht besser laufen. Er kriegt die Aufmerksamkeit und den Ruhm, nach dem er sich sehnt. Man könnte es schon fast als Herostratentum bezeichnen. Jeff Hardy begeht Untaten, um auf sich aufmerksam zu machen. Er nimmt keine Rücksicht und zeigt damit, wie sehr ihm diese Welt am Arsch vorbei geht. Hardy dreht sich dann um und tritt genau so schnell aus dem Bild, wie er kam. Sein Statement ist damit beendet und viel mehr werden wir von dem Joker vor nächste Woche wohl nicht sehen. Welche Karte wirst Du ausspielen, Rabe?